Nervennahrung

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Antisemitismus

30.09.2025

Gerne kündige ich an dieser Stelle die Ausstellung “Antisemitismus - Sichtbar machen. Verstehen. Handeln.” an unserer Hochschule an - angesichts des zunehmenden Antisemitismus im Lande und leider (gerade?!) auch an Hochschulen eine wichtige Initiative.

Abstieg

18.07.2025

Eine rabenschwarze Woche geht zu Ende. Gestern wurde der hessische Hochschulpakt unterzeichnet; unsere Hochschule veröffentlicht dazu eine Pressemeldung. Unser Präsident kommentiert dies mit folgenden Worten: “Die Nachfrage nach unseren Studiengängen war und ist hervorragend - wir haben in den letzten Jahren gegen den Trend in Hessen die Zahl unserer Studierenden halten können. Das Studienplatzangebot werden wir nun deutlich reduzieren müssen. Unsere gesamte Energie konzentrieren wir jetzt darauf, den schmerzhaften Transformationsprozeß der Hochschule bestmöglich zu gestalten und unverändert eine attraktive Hochschule zu bleiben.” Daß das Land Hessen die Mittel für Bildung effektiv um eine Milliarde kürzt, während andere Landesregierungen wie z. B. die rot-grüne in Niedersachsen Milliarden zusätzlicher Investitionen in Hochschulen plant, daß unsere Hochschule, die ihre Ziele erfüllt hat, deutlich weniger Mittel insgesamt erhält als andere Hochschulen des Landes, die ihre Ziele verfehlt haben und die deutlich weniger Studenten ausbilden, das alles muß man nicht verstehen, denn es ergibt überhaupt keinen Sinn.

Für die Informatik bedeutet dies, daß wir ab WS 2026 die Studentenzahlen deutlich u.a. durch einen NC reduzieren werden, denn anstelle von ursprünglich zugesagten 12 zusätzlichen Professuren werden jetzt bis auf weiteres alle ausscheidende Professoren nicht ersetzt, m.a.W. wir werden deutlich schrumpfen. Auch andere Angebote werden wir deutlich zum Nachteil unserer Studenten reduzieren müssen. Das Land Hessen verschlechtert so nicht nur das Bildungsangebot für seine “Landeskinder”, sondern fällt im Wettbewerb mit anderen Bundesländern deutlich zurück - vom internationalen Wettbewerb gar nicht zu reden.

Haushaltsschwerpunkte

14.07.2025

Im Frühjahr kommentierte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Tobias Eckert, die Generaldebatte zum Landeshaushalt 2025 wie folgt: “In diesem Sinne haben wir für das Jahr 2025 einen Haushalt aufgestellt, der den Willen zur politischen Gestaltung ausdrückt und Schwerpunkte dort setzt, wo die Zukunft unseres Landes entschieden wird.”

Daß die Zukunft des Landes auch in der Bildungspolitik und in den hessischen Hochschulen entschieden wird, kann er wohl nicht gemeint haben, denn geplant sind nun eine Milliarde Kürzungen (auf 6 Jahre, 167 Mio pro Jahr) für die Hochschulen des Landes. Unsere Hochschule muß Studiengänge schließen - eine Meldung, die es sogar in die Tagesschau geschafft hat.

Dagegen regt sich langsam Protest. Eine Stellungnahme unseres Senats finden Sie hier, die FAZ und die Frankfurter Rundschau berichten.

Genauso schlimm wie die Kürzungen ist, daß das Motto der Helmut Kohl CDU von 1982 “Leistung muss sich wieder lohnen” für die derzeitige Hessen CDU offenbar auch wenig gilt, denn gerade diejenigen Hochschulen, deren Professoren, Mitarbeiter und Studenten zusammen in den letzten 5 Jahren ihre Ziele erreicht haben, bekommen das - entgegen der Zusicherungen - nicht nur nicht “vergütet”, sondern leiden besonders unter den Kürzungen. Wie mein Kollege Martin Simon formuliert: “Aus Sicht der Frankfurt University of Applied Sciences besonders beklagenswert, dass ‘sich die in den letzten fünf Jahren erbrachte, im auslaufenden Hochschulpakt mit dem Land vereinbarte Leistung nicht gelohnt hat, sondern der Hochschule sogar zum Nachteil ausgelegt wird’. Wenn Leistung bestraft wird, ist das ein fatales Signal.”

So ist es - dem ist nichts hinzuzufügen.

Hochschulpakt

17.06.2025

Normalerweise verlinke ich gerne auf Ankündigungen und Pressemeldungen unserer Hochschule, aber auf dieses Statement des Präsidenten zum Hochschulpakt verweise nach nur ungern, nicht, weil ich anderer Meinung bin, sondern ganz im Gegenteil, weil ich ebenso wie unsere Präsident und alle Präsidien der Hochschulen des Landes Hessens der Auffassung bin, daß dieser Hochschulpakt unmöglich ist - und das ist leider eine unangenehme Chronistenpflicht. Morgen haben die Studentenvertretungen zum Aktionstag aufgerufen, um gegen den Hochschulpakt zu demonstrieren. Machen Sie davon Gebrauch!

Finnland

29.05.2025

Piiluvanselkä

Zusammen mit meinem Kollegen Martin Simon und unserer Doktorandin Anahita Farhang war ich vom 11.-16. Mai im Rahmen eines Erasmus-Austausch in Finnland, und zwar in Helsinki und Lappeenranta und habe dort die finnischen Kollegen an der Yliopisto und LUT besucht:

LUT

Yliopisto

Die Reise war ein voller Erfolg und die Gastfreundschaft phänomenal. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit und regelmäßige wechselseitige Austauschbesuche.

SGSOACS2025

25.03.2025

It is my pleasure to announce the Eleventh Spanish-German Symposium on Applied Computer Science (SGSOACS 2025) taking place in Vienna, specifically at the

Europahaus Wien
Linzer Straße 429
A-1140 Wien

on June 30th to July 3rd 2025.

For further information and registration, please use this link.

The important dates to note are as follows:

  • Paper Submission Deadline: May 18th, 2025.
  • Notification of acceptance: June 1st, 2025.
  • Camera Ready Deadline: June 20th, 2025.
  • SGSOACS 2025: June 30-July3rd, 2025.

Accepted conference papers will be published as Springer proceedings.

VaccuumSchmelze

25.03.2025

In my research group INDAS we have an open position for a bachelor or master thesis (depending on scope and your skills) in the area of application of machine learning to industrial processes. Please find further details in the description.

Zeitenwende

01.03.2025

Allgemeinpolitische Themen behandle ich auf diesem Blog normalerweise nicht, aber seit dieser Woche ist klar, daß die Zeitenwende jetzt ist, da sich die amerikanische Administration aus der westlichen Wertegemeinschaft verabschiedet hat. Einen sehr intelligenten Kommentar im New Yorker, der noch vor den Ereignisse der letzen Woche unter dem Titel “How Techno-Fascism Comes to America” von Kyle Chayka veröffentlicht wurde, verdeutlicht, welchen Anteil wir Informatiker und die Tech-Branche am gegenwärtigen Desaster haben und zieht interessante Parallelen zum Japan der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Topological Quantum Bits

20.02.2025

Microsoft behauptet, sogenannte topological qubits geschaffen zu haben, die eine neuen Materiezustand verkörpern und eines Tages die Grundlage für robuste (Topologische) Quantenrechner sein können. Das Ganze wird zur Zeit intensiv in den Communities diskutiert, einen schönen Übersichtsartikel von Rachel Courtland finden Sie im MIT Technology Review.

Ich kenne mich in der Materie nicht aus, freue mich aber auch deshalb über diese Nachricht, weil Topologische Quantenrechner eng verbunden mit der Chern Simons Theorie, einer Topologischen Quantenfeldtheorie, sind, die Gegenstand meiner Diplomarbeit vor langer Zeit war.

Sprachpolizei

19.02.2025

Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit hat einen Beitrag von mir zum Thema “Wissenschaftsverlage und Sprachpolizei” veröffentlicht. Als Autor gestatte ich mir, diesen hier geringfügig modifiziert ebenfalls zu posten:

Um die Sprachpolizei und Themen wie Gendersprache ist es in den letzten Wochen stiller geworden. Vermutlich merken immer mehr Menschen, dass es in der Welt wichtigere Themen gibt. Aber es gibt Habitate, in denen die Sprachpolizisten sich – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – immer noch nach Herzenslust austoben können z. B. die Wissenschaftsverlage. Große Verlagshäuser wie Elsevier und Springer und Organisationen wie das Institute of Electrical and Electronics Engineer (IEEE) – eine Berufsvereinigung von Ingenieuren und anderen Wissenschaftlern – geben umfangreiche Leitfäden für “inklusive” Sprache heraus. Dabei gehen die Herausgeber unterschiedlich vor. Während die Leitfäden für Autoren bei IEEE stolze 67 Seiten umfassen, von denen ganze 7 Seiten sich exklusiv der inklusiven Sprache widmen, umfassen diese bei Springer Nature satte 37 Seiten. Dagegen fassen sich die Kollegen von Elsevier deutlich schlanker und definieren auf wenigen Abschnitten, was sie unter “inklusiver” und “gerechter” Sprache verstehen, was allerdings dadurch erkauft wird, dass auf viele externe Quellen der Inspiration verwiesen wird. Zusätzlich quält Elsevier Autoren und Gutachter seit einiger Zeit mit der Erklärung von DEI-Angaben (Diversity, Equity, and Inclusion) u.a. zur Race bzw. Rasse (ein Ausdruck allerdings, der im Deutschen strikt zu vermeiden ist, es ist halt schwierig…).

In der Sache sind sich jedoch alle einig: Die zum Teil über Jahrzehnte oder Jahrhunderte gewachsene (Fach-) Sprache muss korrigiert werden, ist sie doch durchsetzt von unangemessenen, diskriminierenden Termini, die benannt und korrigiert werden müssen. Das geht leider nicht, ohne die Ausdrücke selbst in den Mund zu nehmen, weshalb es auch an der obligatorischen Triggerwarnung nicht mangelt (“Content Warning: Please note that this guide includes the uncensored use of offensive terms for explanatory purposes, which may be difficult to read for people impacted by the use of these terms as slurs.”)

Ein paar Beispiele zu den eingeforderten Sprachregelungen: Die in der Informatik üblichen Fachbegriffe White- und Blackbox Testing sind “non inclusive” und sollen durch “Glass” und “Closed Box” ersetzt werden. Das ist zwar nicht dasselbe, aber wer bei dieser Art der Farblehre an Rassentheorie denkt, dem ist mit Logik sowieso nicht mehr zu helfen. Springer empfiehlt, kulturell konnotierte Begriffe wie “Christian Name”, aber auch “First / Last Name” durch Konstrukte wie “Given Name” zu ersetzen. Fachartikel in medizinischen Fächern zum Thema Schwangerschaft sollen selbstverständlich nicht den Begriff “Frau” beinhalten – allenfalls mit dem Hinweis darauf, dass auch Personen, die sich nicht als Frau identifizieren, gebären können und daher ebenso (mit?!) gemeint sind. Auffällig ist, dass in diesen Fragen in der Regel von den politischen Aktivisten über die Köpfe von scheinbar oder tatsächlich Betroffener hinweg agiert wird. Das hat Tradition. Als 2021 die SW-Plattform GitHub den sogenannten “Master Branch” durch den “Main” Branch ersetzte, weil das Wort “Master” angeblich Sklavenhaltung evoziere, hat das der PoC Dwayne Slater zum Anlass genommen, mit einer Petition (vergeblich) ebendies zu verhindern und u.a. zu folgender Erklärung) veranlasst:

“To see GitHub use the color of my skin to make meaningless change is a slap in the face. There are more useful causes to bring to attention, words are not the issue, police brutality in the United States is the issue. To attempt to make this statement is to take advantage of the situation, it does nothing but hurt BLM as a movement and GitHub as a platform.”

IEEE und Springer verweigern sogar die korrekte Bezeichnung von Wissenschaftlern in ihren Biographien als Chairman oder Chairwoman, weil – Sie ahnen es – nicht inklusiv. Diskussionen sind sinnlos. Der Autor dieser Zeilen machte einem Herausgeber einer IEEE Zeitschrift gegenüber in der Sache vor kurzem geltend, dass das Inklusionsargument bei der Bezeichnung einer konkreten Person (seiner selbst) rein logisch schon keinen Sinn ergeben würde, ohne Erfolg.

Allerdings – und das ist wichtig zu verstehen – es geht nicht um Argumente und Logik, sondern um Macht. Die Wissenschaftsverlage befinden sich in nämlich in einer einzigartigen Machtposition gegenüber dem einzelnen Wissenschaftler, die sie schamlos ausnützen können. In der Regel schlägt die Sprachpolizei zu, nachdem der Artikel durch den Peer-Review und Begutachtungsprozess gegangen ist und bereits angenommen wurde. Leider müsse man vor einer Veröffentlichung zwingend noch ein paar sprachliche Unsauberkeiten beseitigen. Zu diesem Zeitpunkt kann man dann allenfalls noch die Publikation in Gänze zurückziehen. Diese Form der Haltung kann man sich aber nur als auf Lebenszeit verbeamteter Lehrstuhlinhaber leisten – in der Regel haben Nachwuchswissenschaftler diese Wahlfreiheit nicht, weil ihre Karriere von einer ausreichenden Anzahl an Publikationen in den richtigen Fachzeitschriften abhängt. Als private Unternehmen bzw. Organisationen können die Verlage und Organisationen wie IEEE natürlich von der Vertragsfreiheit Gebrauch machen und insofern besteht hier kein Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit im engeren juristischen Sinn. Als integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Community sollten die Verlage aber die Wissenschaftsfreiheit befördern und nicht autoritär beschneiden. Man könnte das Ganze als Irrsinn einer über das anfängliche Ziel hinausgeschossenen politischen Blase von Akteuren abtun, wäre es nicht so ernst. Der Schaden, den diese Auswüchse anrichten ist nämlich gleich mehrfach: Erstens wird etablierte Fachsprache unnötig verwässert. Zweitens wird Wissenschaft einseitig politisiert. Und drittens missbraucht hier eine winzige Minderheit, die eine Wächterfunktion innehat, ihre Macht – ein klarer Fall von Despotie.

Allerdings sollten die Akteure aufpassen, ob sie sich nicht das eigene Geschäftsmodell langfristig ruinieren. Denn arXiv, ein freier Dokumentenserver für Preprints aus den Bereichen Physik, Mathematik, Informatik, Statistik, Finanzmathematik und Biologie, versteht unter “Inclusiveness and Respect”, dass man ohne Ansehen von Geschlecht, Ethnie, usw. publiziere, also eine Selbstverständlichkeit (ganz im Sinne von Color Blindness des großen amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King Jr.) und sieht dabei von detaillierten Sprachregulierungen und Sprachzensur ab. Vielleicht werden also in Zukunft noch mehr Wissenschaftler hier Asyl suchen. Es wäre zu wünschen.

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