Nervennahrung

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Doppelstandards

30.01.2025

1.8.2024: “It would be impossible to train today’s leading ai models without using copyrighted materials” - Sam Altman, CEO OpenAI, Quelle: Telegraph

28.01.2025: “The company claimed that it had “some evidence” of DeepSeek using the output of OpenAI’s models to train its own, a technique called “distillation,” that it says may have breached its terms of service.” Quelle: FT

Kein Kommentar, aber sowas geht natürlich viral.

DeepSeek

27.01.2025

DeepSeek schockt die Börse; Nvidia verliert zeitweise mehr als 15 Prozent. DeepSeek, entwickelt von einem relativ unbekannten chinesischen Start-up (Spin-off eines Hedge Funds namens High Flyer) - der Gründer Liang Wenfeng ist allerdings kein Unbekannter -, ist auf Augenhöhe oder sogar besser als die letzten Modelle von OpenAI und das bei anscheinend deutlich geringerem Ressourcenverbrauch. Die Architektur ist als OpenSource verfügbar, was Meta’s Chef AI Forscher, Yann LeCun, zu dem Statement verleitet hat, daß nicht Chinas AI die der USA überholt habe, sondern daß vielmehr Open Source Modelle proprietären Modellen überlegen seien. Das allerdings unterschlägt, daß zwar der Code Open Source ist, die viel wichtigeren Trainingsdaten jedoch nicht und die proprietären Modelle gehören auch nicht den USA, sondern OpenAI, Meta und co und ihren Aktionären. Es geht um viel Macht und Einfluß. Daß DeepSeek zensiert, ist klar; Fragen zum Tian’anmen-Massaker bleiben erwartbar unbeantwortet. Ob Europa dem Machtkampf irgendwas entgegenzusetzen vermag? Immerhin hat die Kommission den Bau von Mega-Fabriken für KI angekündigt. Es bleibt spannend.

Stargate

23.01.2025

Die neue Stargate Initiative der Trump Regierung macht zur Zeit Schlagzeilen. OpenAI, SoftBank und Oracle investieren zunächst 100 Milliarden USD - geplant sind 500 Milliarden - in den Ausbau von KI-Infrastruktur in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Einige erste Einschätzungen mit O-Tönen (auch von mir) finden Sie in der FAQ des ZDF.

Bildung

19.01.2025

“Früher war es sehr wichtig, Kartenlesen zu lernen. Sonst konnte man sich nämlich nicht zurechtfinden, wenn man irgendwo hin wollte. Das ist heute nicht mehr in diesem Maße nötig. Wir haben Navigationssysteme, jeder hat ein Handy und kann über GPS navigieren.”

Das findet der Ministerpräsident Winfried Kretschmann von Baden-Württemberg (Quelle: Tagesschau). In der Vergangenheit war Kretschmann bereits mit der Forderung, die zweite Fremdsprache ganz abzuschaffen, sowie der Einschätzung, daß Rechtschreibung nicht mehr so wichtig sei, weil es tolle “Geräte”gebe, negativ aufgefallen. Die Dummheit und Bildungsferne, die hier zum Ausdruck kommt, läßt einen fassungslos zurück. “Maps have been one of the most important human inventions for millennia, allowing humans to explain and navigate their way through the world” stellt sogar Wikipedia fest. Eine jahrtausendealte Kulturtechnik der nachwachsenden Generation vorzuenthalten, ist entweder dumm oder boshaft. “Aufgabe der Schule sei es, dass Schülerinnen und Schüler sich in der Welt bewegen und bewähren könnten”, sagte der Grünenpolitiker. Wer aber keine Karten kennt, kann sich auch nicht in der Welt orientieren.

Die Kernfrage laut Kretschmann sei: “Was lässt man weg, um Neues zu lernen?”. Nun, hier hätte ich noch weitere Streichkandidaten anzubieten: Seit Jahren können Computeralgebrasysteme Algebra “besser” als Menschen, bald kann AI “besser” Mathematik als 95% der Schüler, warum nur die zweite Fremdsprache - alles kann weg!

Die Vision von Kretschmann ist offensichtlich eine Welt, in der der Plebs dann mithilfe von Smartphones und Algorithmen noch konsumtauglicher wird als jetzt schon und der eigene Nachwuchs der Elite Waldorfschulen ganz ohne Digitaltechnik besucht, um dort das zu lernen und zu erfahren, was wirklich Aufgabe der Schule ist: Bildung. Aber davon hat der ehemalige Gymnasiallehrer für Biologie, Chemie und Ethik anscheinend überhaupt keine Vorstellung.

Telepolis Archiv

13.12.2024

Vor Urzeiten, als das Internet noch föderal organisiert und nicht von den großen Internetkonzernen beherrscht war, gründeten Armin Medosch und Florian Rötzer “Telepolis”. Die Webseite ging am 18. März 1996 online und war ein Pionier der Web-Journalistik. Sie gehört sozusagen zum kulturellen Erbe der Nerdkultur (aber nicht nur der). Nun ist Schluss damit - jedenfalls mit dem Archiv. Die neue Leitung unter Chefredakteur Harald Neuber, hat am 5.12. sämtliche Beiträge der letzten 25 Jahre!! offline genommen. Die Gründe sind vorgeschoben. Der frühere Autor Peter Bürger kommentiert das scharf, weitere Infos finden Sie hier (der Link verweist auf das ND, aber ich bin kein Anhänger von Kontaktschuldkonzepten und der Artikel fasst den Sachverhalt gut zusammen).

Hochschulstärkungsgesetz

09.12.2024

Aus aktuellem Anlass möchte ich auf einen sehr interessanten Artikel auf dem Verfassungsblog aufmerksam machen, der auf eine sehr bedenkliche Entwicklung in NRW aufmerksam macht und belegt, daß freiheitsfeindliche Bestrebungen leider in vielen politischen Lagern zuhause sind. Die NRW-Bildungsministerin der CDU möchte in eine Gesetzentwurf, der den schönen Namen Hochschulstärkungsgesetz trägt, ein umfangreiches Sanktionsinstrumentarium einrichten, um dafür zu sorgen, daß Hochschulen sichere Räume für alle werden. Dabei sollen “Beeinträchtigungen (des) sozialen Geltungsanspruchs und der Handlungs- und Entschlussfreiheit hinsichtlich (der) persönlichen Lebensgestaltung von Hochschulangehörigen verhindern werden”. Man wundert sich, inwiefern zur Zeit in NRW oder generell an deutschen Hochschulen Menschen derart beeinträchtigt werden und inwiefern hier überhaupt eine Notwendigkeit besteht, hier neue Regeln einzuführen. Aber die Ministerin geht in die Vollen: “Die erheblichen Sanktionen, die der Entwurf vorsieht (zum Beispiel: Campusverbote, Kontaktverbote, Besoldungskürzungen, Laufbahnrückstufungen, Entzug der Lehr- und Prüfungsbefugnis, keine Mitwirkung in der Selbstverwaltung) sollen bereits dann verhängt werden können, wenn in der beschuldigten Person, die andernorts im Entwurf gleich schon in strafrechtlicher Weise als Täter bezeichnet wird, ‘zureichende tatsächliche Anhaltspunkte’ vorliegen, dass sie einen solchen ‘Sicherheitsverstoß” begangen hat.’ (Quelle: Julian Krüper).

Außerdem sollen in Zukunft alle Hochschulgremien paritätisch besetzt werden, auch diejenigen, die durch Wahl zustande kommen. Den gesamten Entwurf, der den Geist der Illiberalität auf fast jeder Seite atmet, können Sie hier nachlesen. Es bleibt zu hoffen, daß die (Hochschul-) Öffentlichkeit in NRW diesen Entwurf stoppen wird.

Update: Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit hat soeben eine Stellungnahme veröffentlicht.

Update: Hier eine Stellungnahme von Verfassungsrechtlern aus NRW, die die Ministerin auffordern, den Gesetzesentwurf vollständig zurückzuziehen.

Update: Auch die FAZ berichtet: Neues Hochschulgesetz in NRW: Professoren warnen vor “Paralleljustiz”

Deutschland

05.12.2024

Jürgen Schmidhuber liest in einem Gastbeitrag in der FAZ der umambitionierten deutschen KI-Politik die Leviten. Wie (fast) immer bei Schmidhuber ist der Beitrag nicht frei von Eitelkeiten, aber der Inhalt ist lesenswert. Schmidhuber sieht eine (letzte?!) Chance für unser Land, mit KI-gesteuerten Allzweckrobotern Marktführerschaft zu erlangen. Thematisch passt das natürlich sehr schön zu unserer Forschungsgruppe INDAS.

The AI Wall

20.11.2024

Das Thema, daß Künstliche Intelligenz i.a. und generative KI im speziellen nicht so skaliert, wie von den Investoren erhofft, trendet zur Zeit enorm. Sabine Hossenfelder bloggt darüber, CNN ebenso und Business Insider, um nur wenige auszuwählen. Und wenn Sam Altman twittert “There is no Wall”, spricht das für sich selbst. Es bleibt spannend.

Untrusted Flagger

23.10.2024

Eine Zensur findet nicht statt. So lautet Artikel 5 Absatz 1 GG. Seit kurzem gilt das nicht mehr. Eine Zensur findet doch statt. Und das funktioniert so. Die Bundesnetzagentur, eine Behörde, die durch das von Robert Habeck geführte Bundeswirtschaftsministerium weisungsgebunden ist, beauftragt private Organisationen, sogenannte Trusted Flagger damit, unliebsame Inhalte, die auf Social Media gepostet werden, den Betreibern der Plattformen zu melden, damit diese diese Inhalte dann “schnell und unbürokratisch” löschen können. Formale Grundlage dafür ist ein Beschluss der EU-Kommission, die Trusted Flagger im Rahmen des Digital Services Act (DSA) vorsieht, was auch erklären mag, warum die Bundesnetzagentur, die eigentlich dafür vorgesehen ist, dafür zu Sorge zu tragen, dass Energie und Informationsnetze technisch reibungslos funktionieren, auf einmal mit der Frage von zulässigen Inhalten betraut wird (was ja nicht unbedingt zu den originären Befugnissen eines Wirtschaftsministeriums gehört, sondern eher in den Bereich z. B. des Innenministeriums fiele). Zweckmäßigerweise ist der erste Trusted Flagger, die Meldestelle “Respect!” der Jugendstiftung Baden-Württemberg, über ihre Fördergeber mit diversen grünen Ministerien eng verbunden. Eine Analyse dieser haarsträubenden Vorgänge finden Sie hier sowie im YouTube Beitrag des Kollegen Rieck.

Warum gehört dieser Beitrag m.E. auf einen Informatik-Blog? Informatiker entwerfen und betreiben digitale Plattformen. Die im Code festgelegten Regeln sind wirkmächtig ähnlich den Regeln bzw. Gesetzen des Rechtsstaates. Dies ist hervorragend in einem Klassiker “Code is Law” von Laurence Lessing beschrieben. Informatikern kommt daher eine große Verantwortung zu - Code ist niemals “neutral”. In diesem konkreten Fall ist die Infrastruktur, die hier für die großen Online-Plattformen etabliert wird, in Zusammenarbeit mit den KI-Algorithmen, die Prüfung und Löschung übernehmen, eine Zensurinfrastruktur, die mit dem Geist - und m.M. auch Buchstaben - unserer Verfassung unvereinbar ist. Hoffentlich wird dies bald von den Gerichten geklärt - bis dahin ist aber Aufklärung vonnöten. Deshalb blogge ich hier in einem Blog für Informatikstudenten.

Update 1: Leiter der Meldestelle “Respect!” ist übrigens Ahmed Gaafar, der an der Al-Azhar Universität Islamwissenschaften studiert hat.

Update 2: Wes Geistes Kinder Herr Habeck ist, hat er erst kürzlich wieder demonstriert, als er bei einer Veranstaltung der “Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik” am 24.10.2024 sagte: “Ich will keinen Hehl daraus machen, dass ich glaube, dass diese unregulierte Form der sozialen Medien inzwischen nicht mehr akzeptabel ist… Eine scharfe Anwendung des DSA, des Digital Service Acts, ist das Mindeste, was wir in Deutschland brauchen.” - m.a.W. wenn es nach ihm ginge, hätte er gerne noch mehr Zensur.

PhD Fatima Sajid Butt

15.10.2024

Es ist mir eine große und besondere Freude, unserer Doktorandin, Frau Fatima Sajid Butt, zur bestandenen Verteidigung ihrer Promotion, Thema “Automatic feature extraction for time series analysis using machine and deep learning”, am gestrigen Tage an unserer Partneruniversität in Cadiz zu gratulieren! Frau Butt ist langjährige Mitarbeiterin in unserer gemeinsamen Forschungsgruppe INDAS und hat nicht nur mit 9 Veröffentlichungen die Forschungsgruppe massgeblich mit aufgebaut, sondern auch eine ausgezeichnete Dissertation angefertigt. Gratulation!

Defense Fatima Sajid Butt

Das sind die aktuellen Beiträge; alte Beiträge gibt es im Archiv.